1. Wer ist hier der Boß?
Wie in Kapitel I. schon erwähnt ist der Hund ein Rudeltier, das in einem soziales Gefüge (sein Familienrudel) und in der Familienhierarchie seinen festen Platz durch klare Regeln, Grenzen und Verhaltensweisen/Körpersprache seiner Menschen haben möchte und haben muss, um glücklich, ruhig, entspannt und ausgeglichen zu sein. Nur so erkennt er seine Rudelführer als über ihn dominant an. Verhält sich sein Familienrudel durch falsche Verhaltensweisen und Körpersprache nicht entsprechend „dominant“, liegt es in seiner Natur zu versuchen, in der Familienhierarchie höher zu steigen und fühlt sich dazu genötigt das Familienrudel zu übernehmen, obwohl das wider seiner Natur ist und gravierende Fehlverhaltensweisen zur Folge haben kann.
Es gibt zwei Arten von Dominanz:
- die aggressive Dominanz (knurren, beißen) und
- die submissive Dominanz.
2. Submissive Dominanz:
Letztere interessiert uns hier besonders, denn wenn ein Hund aggressiv dominant ist, fällt einem das unschwer auf, wir würden es auch nicht dulden, dass der Hund uns anknurrt oder gar beißt und ihn entsprechend disziplinieren. Die submissive Dominanz dagegen äußert sich ganz anders. Der Hund versucht, uns durch bestimmte Verhaltensweisen zu etwas zu bringen, was er gerne möchte oder er ignoriert einfach die Befehle und tut, was er gerne möchte.
Fallbeispiele
- Der Hund kommt an und stößt mit der Schnauze gegen Frauchen's Hand. Daraufhin beginnt Frauchen sofort, den Hund zu streicheln und schon hat der Hund sein Frauchen dominiert, indem sie etwas getan hat, was er wollte und nicht andersherum. Sie hätte lediglich den Hund nach dem Schnauzenstoß zuerst einmal komplett und lautlos eine Weile ignorieren müssen. Meist beruhigt sich der Hund und läßt von seinem fordernden Verhalten ab. Wenn nicht, geben Sie ihm einen Befehl, z.B. „ab ins Körbchen“ oder "Platz" warten so lange, bis der Hund einen ruhigen und ausgeglichenen Zustand erreicht hat, um ihn erst danach wieder heranrufen und streicheln. Dann nämlich wird der Hund gestreichelt, nicht etwa, weil er es gerne wollte, sondern weil er brav gehorcht hat und sein ruhiger entspannter Zustand wird belohnt.
- Der Hund bringt Ihnen ein Spielzeug und möchte, daß Sie mit ihm spielen. Nehmen Sie sofort das Spielzeug und tun das vom Hund Gewünschte, hat er Sie schon wieder dominiert. Hier verfährt man genauso wie oben: Erst Ignorieren, evtl. einen Befehl geben, warten bis der Hund ruhig, ausgeglichen und gehorsam ist, dann wird gespielt, und zwar indem Sie das Spiel beginnen und auch wieder beenden.
- Der Hund verfolgt Sie in Ihrer Wohnung auf Schritt und Tritt, lässt Sie nicht aus den Augen, läuft Ihnen vor den Füßen herum etc. Dieses Verhalten wird oft falsch gedeutet und als niedlich empfungen. Das ist aber ein Kontrollverhalten Ihres Hundes, mit dem er Sie dominieren und Ihre Handlungen kontrollieren will. Das darf nicht ständig geduldet werden. Schicken Sie Ihren Hund ab und zu auf seinen Platz, wo er bleiben muss, sich dort dann auch entspannt und vermutlich einschläft. Später können Sie ihn dann wieder heranrufen.
3. Rudelführer durch Schaffung von Respekt und Vertrauen
Es gibt einige wirklich leicht durchführbare Methoden, um dem Hund zu zeigen, wer hier das "Alphatier" ist und mit denen Sie sich den erforderlichen Respekt verschaffen und so das Vertrauen Ihres Hundes gewinnen. Denn respektiert Ihr Hund Sie als über ihn dominant und er vertraut Ihnen durch immer gleiche klare Verhaltensweisen, die richtige Körpersprache und klare Regeln und Grenzen, kann ein zuverlässiger Gehorsam ganz selbstverständlich aufgebaut werden und so Ihren Hund in einen ausgeglichenen, glücklichen und entspannten Zustand bringen. In der Natur verhält es sich ja genauso.
Da folgen die Rangniedrigeren auch ohne "wenn und aber" ihrem Alphatier ganz selbstverständlich. Von entscheidender Bedeutung ist Ihr ruhiges, bestimmtes, dominantes Auftreten in gerader selbstsicherer Körperhaltung (Schultern nach hinten, Brust raus) mit einem klaren Ziel vor Augen, das Sie durchsetzen möchten. Ihr Hund spürt diese entschlossene Energie. So erreicht auch im Hunde- oder Wolfsrudel das Alphatier seine Stellung im Rudel. Sie dürfen niemals unentschlossen, ängstlich, zögerlich oder unsicher sein, denn Ihr Hund würde das sofort spüren und nicht gehorchen, da sich im „echten“ Rudel ein Alpha niemals so verhält, sondern diese Verhaltensweisen Schwäche signalisieren. Rangniedere Hunde verhalten sich Alpha gegenüber immer ruhig und gehorsam, ein aufgeregter Zustand wird immer entsprechend diszipliniert, um die Rudelordnung aufrechtzuerhalten.
Für den Hund ist es unnatürlich und unangenehm sich lange in einem aufgeregten und angespannten Zustand zu befinden, er wird immer nach Ausgeglichenheit und Entspannung streben, um sich wohl zu fühlen.
Aufregung und Anspannung erkennen Sie z. B. an Körperzittern, nach vorne gestellten Ohren, am Blick, nach oben gehaltener Rute, evtl. aufgestellte Nackenhaare und der gesamten angespannten Körperhaltung.
Ruhe, Ausgeglichenheit und Gehorsam erkennen Sie z. B. an nach hinten gelegten oder herunterhängenden Ohren, der Körper ist ohne Anspannung, der Blick ist sanft oder der Kopf nach unten geneigt, die Rute wird hängend nach unten oder waagerecht getragen. Meist legt er sich hin und schläft ein.
Fallbeispiele:
a) Verhalten an Treppen und Türen:
Lassen Sie Ihren Hund nie als Erster die Treppe hochgehen oder als ersten durch die Tür huschen (beides tut er sehr gerne), das steht ihm ranggemäß nicht zu, denn Sie sind "Alpha" und dürfen zuerst. Sie müssen die Aufregung des Hundes unterbinden und für Ruhe und Gehorsam sorgen. Zuerst reißen Sie den Hund aus seinem aufgeregten Zustand mit einem Geräusch, wie "Tzzz", "Hey“ oder "Nein“ und wenn nötig mit einer körperlichen Berührung (siehe unten unter Disziplinierung), damit er sich auf Sie konzentriert. Dann lassen Sie den Hund "Sitz“ oder "Platz“ machen und warten solange, bis er ruhig und gehorsam geworden ist und keine angespannte Haltung mehr zeigt. Erst dann darf er ruhig hinter Ihnen die Treppe hoch oder aus der Haustür gehen. Will er Sie überholen, blockieren Sie ihn mit Ihrem Bein und zeigen ihm so klar die Grenze.
b) Der Hund versperrt Ihnen den Weg:
Liegt Ihnen der Hund im Weg, weicht man normalerweise aus und geht um ihn herum. Wieder ein Pluspunkt für Ihren Hund. Also gehen Sie nicht um ihn herum, sondern geradewegs in der oben beschriebenen selbstsicheren entschlossenen Körperhaltung auf ihn zu und bringen ihn dazu, Ihnen auszuweichen.
c) Beanspruchung von Bett und Sofa:
Lassen Sie Ihren Hund nicht einfach, nur weil er Lust dazu hat, zu Ihnen aufs Sofa oder ins Bett springen. Schicken Sie Ihren Hund zuerst auf seinen Platz oder ins Körbchen, warten solange, bis er ruhig und gehorsam geworden ist und keine angespannte Haltung mehr zeigt, dann rufen Sie ihn heran und er darf mit Ihrer Genehmigung mit „Hopp“ aufs Sofa oder Bett. Generell darf er niemals unerlaubt auf Ihre Möbel steigen und so seinen Platz darauf beanspruchen. Sie müssen ihm stets zeigen, dass alle Plätze im Haus Ihnen gehören und diese entsprechend beanspruchen.
d) Auto Ein- und Aussteigen
Will Ihr Hund ins Auto springen, darf er es erst, wenn Sie ihm das ausdrücklich erlaubt haben. Lassen Sie ihn erst "Sitz" machen, warten bis er eine ruhige und gehorsame Körperhaltung angenommen hat und lassen ihn dann mit "Hopp" reinspringen. Genauso verfahren Sie beim Aussteigen. Sie öffnen die Kofferraumklappe, blockieren mit gerader und entschlossener Haltung mit Ihrem Körper und den Händen den Ausstieg, denn er wird aufgeregt herausspringen wollen, warten solange geduldig, bis sich der Hund entspannt, am besten sogar ruhig hinlegt, dann leinen Sie ihn an und er darf mit „Hopp“ rausspringen.
e) Fütterung, Freiraumschaffung, Vermeidung von Futteraggressionen
Sie sollten bei den Fütterungszeiten immer etwas variieren, also nicht immer exakt zur gleichen Zeit, um eine angespannte Erwartungshaltung Ihres Hundes zu verhindern. Wenn Sie das Futter zubereiten darf der Hund Sie nicht aufgeregt anspringen, Sie anstupsen (das ist respektlos) oder fiepen, etc. Damit will er Sie dazu bringen sich zu beeilen, weil er sein Futter haben will. Sie müssen sich Freiraum und Respekt verschaffen und für einen ruhigen, ausgeglichenen Zustand sorgen. Verschaffen Sie sich Freiraum, indem Sie den Hund auf seinen Platz schicken. Sie bereiten ganz in Ruhe das Futter vor, zögern es evtl. noch etwas heraus und warten geduldig solange, bis sich Ihr Hund entspannt hat. Dann stellen Sie den Napf auf den Boden, rufen den Hund heran und erlauben ihm mit „Nimm“ zu fressen. Sie bleiben eine Weile vor dem Hund stehen und nehmen ihm ab und zu selbstsicher und ohne zu Zögern den Napf weg und beanspruchen so das Futter für sich, warten bis er sich ruhig verhält und geben ihm den Napf wieder und erlauben ihm weiter zu fressen. So vermeiden Sie Futteraggressionen.
f) Begrüßung und Anspringen
Wenn Sie nach Hause kommen, wird ihr Hund Sie in einem sehr aufgeregten Zustand freudig begrüßen wollen und Sie dabei womöglich sogar Anspringen. Unaufgefordertes, aufgeregtes Anspringen ist immer ein respektloses Verhalten Ihres Hundes, da er Ihnen keinen Freiraum gibt und Sie unaufgefordert berührt, so etwas würde im Rudel dem ranghöheren Tier gegenüber nicht geduldet. Ein Alphahund wird immer seinen Freiraum beanspruchen und respektvolles, ruhiges und gehorsames Verhalten durch seine Körpersprache einfordern. Auch überschwängliche Freude ist nichts anderes als Aufregung Ihres Hundes, die Sie nicht fördern sollten. Auch wenn es Ihnen sicher schwer fallen wird, sollten Sie, wenn Sie nach Hause kommen, den freudigen Hund zuerst komplett ignorieren, einfach durch ihn hindurchsehen, als ob er gar nicht da wäre, dann begrüßen Sie erst einmal die anderen Familienmitglieder und beschäftigen sich mit irgend etwas. Sie warten so lange, bis sich Ihr Hund beruhigt hat und eine entspannte Haltung zeigt, dann rufen Sie ihn heran und begrüßen ihn ruhig und liebevoll.
g) Strukturierter Spaziergang
Ein strukturierter Spaziergang (Gassi gehen) ist sehr wichtig für Ihren Hund und stärkt Ihre Alphaposition. Jeder Spaziergang beginnt grundsätzlich im gehorsamen, entspannten Zustand Ihres Hundes und wird auf die gleiche Art beendet. Sie gehen aus der Haustür wie oben schon beschrieben. Der Hund muss an der Leine neben oder hinter Ihnen gehen, er darf nicht schnüffeln oder pinkeln, sondern soll sich ganz auf Sie konzentrieren (5-10 Minuten reichen völlig aus), was Sie durch kurzen kräftigen zur Seite gezogenen Leinenruck einfordern. Der Leinenruck erfolgt seitlich in Ihre Richtung, da Sie so Ihren Hund aus dem Gleichgewicht bringen, er aus seinem unerlaubten Verhalten herausgerissen wird und sich wieder auf Sie konzentriert. Die Leine wird niemals nach hinten gezogen, denn der Zug nach hinten wird den Gegenzug Ihres Hundes nach vorne bedingen, was einem Kräftemessen gleichkommt.
Dann dürfen Sie ihn ableinen und Sie entlassen ihn aus dem Gehorsam mit einer Handbewegung und/oder dem Kommando „Lauf“. Nun kann er nach Herzenslust seine Energie loswerden, Spielen, Schnüffeln, Rennen etc. Wenn Sie auf dem Weg nach Hause sind, leinen Sie ihn rechtzeitig an und beenden den Spaziergang auf die gleiche Weise, wie Sie ihn begonnen haben, so dass der Hund in
ruhigem und entspannten Zustand hinter Ihnen durch die Haustür geht und so das Haus grundsätzlich mit Ruhe und Entspannung angenehm verknüpft. Dann wird auch im Haus nicht mehr rumgetobt, fordern Sie Ruhe und Entspannung ein, schicken ihn auf seinen Platz, wo er sich entspannen und ruhen soll.
h) Heranrufen
Gerade bei Ihrem Welpen oder Junghund sollten Sie immer auf jedem Gassigang oder auch im Haus oder Garten dafür sorgen, dass Sie ein paar Leckerchen, ein kleines Spielzeug und eine kleine Wurfkette in der Tasche haben, um Ihren Hund mit diesen Hilfsmitteln immer dazu zu bringen auf Ihr Heranrufen zu reagieren und eine positive Verknüpfung zu schaffen. Denn er wird sehr schnell lernen, dass es keine Folgen hat, wenn er nicht kommt, wenn Sie rufen.
Wenn Ihr junger Hund Ihren Ruf ignoriert, weil er mit etwas Interessanterem beschäftigt ist, wechseln Sie die Richtung und gehen von ihm weg ohne weiter zu rufen. Er wird das bald bemerken und Ihnen folgen. Wenn er kommt wird er ruhig gelobt.
Wenn Ihr Hund beim Heranrufen nur zögerlich auf Sie zukommt, gehen Sie in die Knie, wedeln mit dem Spielzeug und machen Sie sich so interessant. Wenn er dann kommt, spielen Sie kurz mit ihm und/oder geben ihm ein Leckerchen. Das Spielzeug wird dann wieder in die Tasche gesteckt, damit es interessant bleibt.
Wenn Sie Ihren Hund rufen, Sie sich in seiner Nähe befinden und er nicht mal aufschaut, werfen Sie ihm eine Wurfkette auf den Hintern (er sollte das nicht sehen), um ihn aus seinem Verhalten herauszureißen. Er wird sich umdrehen, um zu sehen, was das war.
Dann sollten Sie Ihren Hund nochmals rufen, ihm das Spielzeug zeigen und verfahren, wie oben beschrieben. Im Haus oder Garten kann man genauso verfahren.
Ihr Hund sollte grundsätzlich Struktur in seinem Alltag haben und von Anfang lernen:
"Wenn ich gehorsam ruhig und entspannt bin, mich an Regeln und Grenzen halte, bekomme ich Zuneigung und Liebe". So wird der Gehorsam freudig und leicht aufgebaut und Sie erhalten einen glücklichen, zufriedenen Gefährten, der Ihnen unendlich viel Freude bereiten wird.
Fortsetzung: III. ERZIEHUNG